Fremdwortvermeidung oder Sprachbewusstsein?

Manchmal stehe ich auf, lese etwas und will mich sogleich wieder hinlegen. Nicht weil ich müde bin, sondern weil ich müde bin. Aber heute habe ich etwas gelesen und dachte, dass das genau das aufzeigt, was ich anprangere bzw. erreichen will (je nach Perspektive).

Inga Kälber ist Gründer von Zero Waste und in der AOK Zeitschrift beschreibt sie ihren Traum bzw. das Ziel ihrer Organisation. Sie sagt in dem Text mit Bezug auf Englisch oder in Denglisch worum sie sich bemüht. Hätte ich den Text nicht überflogen, sondern ordentlich gelesen, dann wäre ich hier, wer mich kennt, ausgestiegen mit Augendrehen, im besten Falle.

Ich sprang jedoch wild durch den Text und stolperte über einen sprachlichen und philosophischen Lichtschein.

Thomas Ritschek fragt Frau Kälber zuvorletzt: „Ist „Zero Waste“ (hier das Konzept), also null Müll, ein Traum? (Man bedenke, dass in Artikeln alle Termini immer beschrieben oder übersetzt werden müssen ;))
Worauf sie antwortet: „Wahrscheinlich. […] Bei einer 100% Abfallvermeidung müssten wir alles selbst herstellen – das ist unrealistisch. Daher sehe ich „Zero Waste“ mittlerweile lieber als ‚Null Verschwendung‘, das verschiebt ein wenig den Fokus und lenkt die Aufmerksamkeit darauf, worum es wirklich geht – nämlich Verschwendung zu vermeiden.“

Danke Frau Kälber. Sie haben gerade sprachlich bewiesen, dass Lehnworte mit ambigem Wortfeld nicht (immer) so toll sind, wie sie wahrgenommen werden. Null Verschwendung bringt ihre neue Ausrichtung auf den Punkt, ist jedem verständlich und stellt keinen Fremdkörper mehr dar.

Analog dazu verläuft mein Konzept von Sprachbewusstsein. Es geht nicht darum gegen Fremdworte zu sein, sondern die Sache einerseits zu reflektieren und andererseits eigenverantwortlich mitzugestalten. So wie Leute sagen, „aber das sagt man so“, kann man den Spieß auch herumdrehen. Wenn die einen meinen, dass man sich damit abfinden soll, so spielen sie nur dem Zeitgeist oder Status Quo in die Hand. Denn jeder Einzelne kann Einfluss auf die Sprache nehmen. (was nebenbei auch geschieht; sprichst du Denglisch, dann legitimierst du das wiederum für andere) Dahinter steckt also nur ein faules und faules Argument, das vom gleichen Schweinehundverband stammt wie: „Du musst rauchen!“ und „Sport ist Mord.“

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